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5. Dezember 2023

“Nikolaus – oder ein etwas anderer 90. Geburtstag”

Ich mache die Tür zum Krankenzimmer auf. Zwei betagte Herren liegen in ihren Betten. Beide vereint nicht nur das fast biblische Alter, sondern auch das Malheur: Beinbruch mit OP.

Besonders ärgerlich: der Gute (nennen wir ihn Toni) feiert heute seinen 90. Geburtstag. Naja, “feiern” ist wohl der falsche Ausdruck, wenn man im Krankenhaus liegt. Angehörige sind zu Besuch, haben leckeren Kuchen und ein kleines Schnäppschen mitgebracht, denn dass es hier immer nur Wasser gibt, das nervt den Toni gewaltig. Und auch das Gratulationsschreiben des Bayerischen Ministerpräsidenten kann die Stimmung nicht heben.

Wer will dem Toni die schlechte Laune verübeln. Erst vor ein paar Monaten lag er nach einem Schlaganfall im Krankenhaus, anschließend Reha. Und jetzt schon wieder der ganze Zirkus!

So schaut er mich entgeistert an und fragt seine Tochter: “Wer ist denn die?”.
“Die, das ist die Samira und sie ist deine Geburtstagsüberraschung!”

Als solche habe ich meine Gitarre und ein paar Lieder im Gepäck. Zum Einstieg singen wir alle gemeinsam zwei Geburtstaglieder. Dann soll es einer meiner bayrischen Songs sein: “S Beste im Leb’n”. Mittendrin fragt er: “Is’ des Englisch?”
“Na, na, des is Boarisch!”
“A geh?”
“Ja, sperr hoit deine Ohrwaschl auf!”

Und obwohl er den Text scheinbar nicht versteht, wischt er sich in der zweiten Strophe verstohlen mit dem Zipfel seiner Bettdecke über die Augen. Ich schmelze vor Rührung fast dahin. Ob es das Lied war, oder meine Stimme, ich durfte das Herz dieses alten Haudegen berühren. Das macht mich unsagbar glücklich und dankbar. In diesem Moment spüre ich, ich bin hier und jetzt genau richtig.

Zum Abschluss darf er sich noch zwei Lieder wünschen. Seine Wahl fällt auf die Bayern-Hymne (wie gut, dass ich die in der Grundschule gelernt habe) und ein Nikolaus-Lied. Stimmt ja: heute ist der 5. Dezember und in Bayern kommt der Nikolaus oft schon an diesem Abend. “Lasst uns froh und munter sein” singt Toni begeistert mit und auch sein Zimmergenosse, der vorher beteuert hat, alle würden davonlaufen, wenn er singt, stimmt voller Inbrunst mit ein.

Klatschen, die Augen leuchten, Dankbarkeit, Farbe und Fröhlichkeit im grauen Klinikalltag. Ich schließe die Tür hinter mir und verlasse glücklich das Krankenhaus, denn ich durfte Freude schenken und fühle mich selbst reich beschenkt.

5. März 2023

#gedankenspiel “Rendezvous zum Glücklichsein”

Anfang März, früher Nachmittag. Endlich wärmt die Sonne und lockt die Menschen wieder, in den Straßen und Plätzen zu verweilen. Ich sitze einer der schönsten Ecken Münchens: am Wiener Platz, den Blick auf zwei winzige, schmucke Häuschen gerichtet. Vor dem einen wächst im kleinen Vorgarten sogar eine Zierkirsche, mitten in der Stadt. Links von mir bieten die Marktstände Fisch und Obst an. Menschen sitzen in der Sonne und genießen wie ich den lauen Vorfrühlingstag.

Leises und fröhliches Gemurmel liegt in der Luft. Mütter mit Kinderwagen treffen sich hier, ein altes Ehepaar gönnt sich Kaffee und Kuchen, neben mir kuschelt sich ein gleichgeschlechtliches Paar zärtlich aneinander, auf einer Bank gegenüber erledigt ein Grundschulkind konzentriert seine Hausaufgaben und lässt sich vom bunten Treiben nicht ablenken. Genausowenig wie der Vater daneben: er ist am Handy in eine andere Realität abgetaucht, nimmt vom quirligen Umfeld so gar nichts wahr. Ein Mädchen jagt Tauben. Wie mich das an meine Kinder früher erinnert! Endlich findet wieder Leben draußen statt, man unterhält sich, man lächelt sich an, man genießt gemeinsam … Bunt und vielfältig. Pures Leben.

Auch ich sitze in der Sonne, tanke die Leichtigkeit dieser Situation. Die dicke Schokoglasur meines Brownies zergeht auf Zunge. Purer Genuss!

Bäm! “Habe ich das verdient?” Aus dem Hinterhalt schießt mir diese Frage durch den Kopf. Wo kommt die denn jetzt her? Während ich noch erschrocken darüber nachdenke, bemerke ich einen alten Mann, der am Stock über den Platz spaziert, zielstrebig von Mülleimer zu Mülleimer. Manchmal hat er Glück und fischt eine leere Flasche heraus. Er ist der Schatten, der über die lichte Szene fällt. Und verleiht meiner Frage noch mehr Schwere.

Warum sitze ICH hier und kann genießen? Habe ich das verdient? Wer hat in diesem Leben die Rollen verteilt? Müßiges Gedankenspiel!

Ich weiß nicht, welche Päckchen die anderen Menschen zu tragen haben, die hier die Frühlingssonne genießen. Gerade scheint es jedenfalls, als hätten sie ihre Päckchen zur Seite gelegt und gönnten sich alle eine Auszeit. Eine schöne Vorstellung:

Rendezvous zum Glücklichsein für einen kurzen, sonnigen März-Nachmittag.

Danach nehmen sie alle wieder ihr Päckchen und schlüpfen in ihr Leben, stellen sich ihren Herausforderungen, folgen hoffentlich ihren Träumen… So wie ich. Also: “Habe ich das verdient?” das ist eindeutig falsch formuliert. Die Frage sollte eher lauten: “Bin ich mir das wert?”.

Und? Ja, ich bin es mir wert. Ich möchte diesen Augenblick genießen, in vollen Zügen. Weil der Moment es gerade hergibt. Und er ist kostbar. Denn nicht mehr lange, dann verschwindet die tiefstehende Sonne hinter dem Dach des Brauereigebäudes und der Schatten taucht den Platz wieder in Kühle. Dann nehmen alle ihre “Päckchen”, ich schultere meines, und wir schlüpfen zurück in unseren Alltag. Ein bisschen reicher als vorher, nämlich genährt durch diesen kollektiven glücklichen Moment.

17. November 2022

#kleineglücksmomente “Freudentränen”

Vor etwa sieben Wochen habe ich meine Foto-Collagen zum ersten Mal ausgestellt. Neben den großen Leinwanddrucken hatte ich 13 Lieblingsmotive im Kalender #seitenblicke zusammengefasst. Eine Besucherin der Ausstellung war spontan total begeistert und wollte unbedingt zwei Exemplare für ihre beiden Töchter als Weihnachtsgeschenk kaufen. Aber, oh je, sie hatte kein Geld dabei 😯. Nein, auch keine EC-Karte, mit der sie vom Automaten hätte Geld holen können. Und aus Erding war sie auch nicht, sondern von außerhalb.

Sie bat mich, zwei Kalender für sie zu reservieren. Sie würde sie in der folgenden Woche auf jeden Fall abholen. Natürlich wollte ich das für sie tun. Sie war ja so Feuer und Flamme 🔥.

Keine Stunde später kam sie freudestrahlend zurück😃😄. Sie hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, sich den Betrag auszuleihen. Die beiden Kalender in der Tasche umarmte sie mich. “Jetzt habe ich so schöne Weihnachtsgeschenke für meine Töchter!” Sie strahlte mich an und ein paar Freudentränen kullerten ihr die Wangen hinunter 🥲. Ihr war das peinlich, aber mich hat es total berührt.

So sind wir jetzt dreifach beschenkt:
🎁 Sie durch ihre große Vorfreude.
🎁 Ihre Töchter durch ein Geschenk, das sie ein Jahr lang begleitet.
🎁 Und ich durch diese herzliche und ehrliche Wertschätzung.

🎄 Außerdem werde ich mich am Heiligen Abend voller Freude an diese Momente erinnern und mit diesen Menschen verbunden sein. Eine Verbindung von Herz zu Herz. 💞
Das ist für mich das größte Geschenk 🙏

17.2.21

Im Januar wurde ich im Rahmen der Podcastreihe “Erding Heroes eine Stimme geben” von Silvia Ziolokowsky interviewt. Ihr Herzensanliegen ist es “die Region zu stärken und ihren Heldinnen und Helden, den Zukunftsbauern unter Ihnen, damit eine Plattform zu schenken”. Wie schön, dass sie auch mir diese “Bühne” geboten hat. Im Interview geht es natürlich um meine Herzensangelegenheit: Musik für Menschen und Musik mit Menschen.
Es geht aber auch um die Kunst, positiv zu denken und Mut zu machen, es geht um gegenseitige Unterstützung und netzwerken, es geht darum, Erding bunt und vielfältig zu erhalten und und und.


26.6.21 Kulturpicknick mit Florian M. Litzlfelder

Hohe Bäume, leise fließt die Sempt vorbei, Kühe grasen am gegenüberliegenden Ufer… Mensch sitzen auf bunten Picknickdecken locker verstreut im Gras… von Ferne betrachtet wirken sie wie bunte Blumen in der Wiese. Und alle haben das Motto “Kulturpicknick” wörtlich genommen. Getränke und leckere Brotzeiten werden ausgepackt und mit Genuss verspeist.

Florian und ich genießen die lockere Atmosphäre und präsentieren voller Freude unser Programm “Wos wirklich zäid”. Und das ist es, was wirklich zählt, was das Leben so lebenswert macht: Gemeinschaft, Leichtigkeit und Live-Musik. Und dass die Menschen das offensichtlich nach der langen Pause sehr schätzen. Was für ein offenes, berührbares und begeistertes Publikum!